Harold Monro (1879 -1932) - The terrible door
To long outside your door I have shivered.
You open it? I will not stay.
I'm haunted by your ashen beauty.
Take back your hand. I have gone away.
Don't talk, but move to that near corner.
I loathe the long cold shadow here.
We will stand a moment in the lamplight,
Until I watch you hard and near.
Happy release! Good-bye for ever!
Here at the corner we say good-bye.
But if you want me, if you need me
Who waits, at the terrible door, but I?
Harold Monro - Die schreckliche Tür
Zu lang fror ich vor deiner Türe.
Dü öffnest sie? Ich bleib nicht dort.
Mich peinigt deine aschne Schönheit.
Die Hand laß sinken. Ich bin fort.
Sprich nicht, doch komm an diese Ecke.
Der kalte Schatten ekelt mich.
Kurz stehn wir im Laternenlichte
Und streng und nah betracht ich dich.
Endlich befreit! Lebwohl für immer!
Hier trennen unsre Wege sich.
Doch fehl ich dir, wirst du mich brauchen,
Wer harrt an der schrecklichen Tür - als ich?
Harold Monro ist in Deutschland weitgehend unbekannt geblieben und ich kenne keine deutsche Nachdichtung eines Gedichts von ihm (immerhin findet man bei Georg von der Vring einen Auszug aus einem längeren Gedicht). Auch in England hat er wohl am stärksten als Vermittler gewirkt, obwohl er ein durchaus produktiver Lyriker war. Er betrieb in London einen "Poetry Bookshop", dem ein Verlag und eine Zeitschrift für Lyrik angeschlossen waren, er war auch Mitherausgeber der zeitgenössischen Anthologienreihe "Georgian Poetry" und gehörte zu eben diesen "Georgian Poets", einem heute wenig beachteten Autorenkreis. Man verstand sich als modern, war betont georgianisch, um sich programmatisch von der viktorianischen Literatur abzusetzen, geriet aber neben anderen Bewegungen wie dem Imagismus rasch selbst in eine als altmodisch, neuromantisch oder -klassizistisch rubrizierte Ecke. Ein Schicksal, daß zeitgleich einer Autorengeneration in Deutschland widerfuhr, die jedoch weniger geschlossen war bzw. nicht unter einem gemeinsamen "Schulnamen" segelte.
Monros Gedicht "The terrible door" ist schlicht, zwei gereimten Versen pro Strophe stehen zwei ungereimte gegenüber, metrisch gewährt sich Monro Füllungsfreiheit in den Verssenkungen. Bisweilen klingt er fast ungeschickt. Und doch ist dieses Gedicht nicht leicht zu übersetzen. Es hat mich lange verfolgt. Und obwohl ich immer noch nicht sicher bin, ob manches darin Unvermögen ist oder bewußtes Stilmittel, hält das Faszinosum durch dieses Gedicht an. Das unbeholfen Wirkende, das Spröde, Hölzerne in ihm korrespondiert durchaus mit dem Gehalt und es wird immer wieder von verhaltener Bildkraft durchbrochen.
Vers 6 ist ein schönes Beispiel für die Probleme bei Nachdichtungen aus der englischen Sprache: "the long cold shadow" - aus fünf Silben werden hier im Deutschen mindestens sieben Silben: "der lange kalte Schatten" - in solchen Fällen muß man meist ein Adjektiv opfern, hier entschied ich mich für das weniger stimmungs- und bedeutungstragende, bildlich blassere "long" und reduzierte den Vers auf "cold". Letztlich immer Notlösungen.
Vers 10 ist sehr frei, aber m.E. sinn- und stimmungsgemäß gefaßt; hier schwankte ich zwischen zwei sehr unterschiedlichen Varianten - die zweite wäre: "Lebwohl an dieser Ecke sprich", was auch nicht wörtlich, aber etwas wörtlicher ist und das doppelte "Good-bye" bewahren würde, aber dafür ungelenker wirkt. Dies scheint mir für "Hier trennen unsre Wege sich" zu sprechen. All diese Entscheidungen sind schwierig, sind bisweilen auch situationsabhängig (an einem anderen Tag entschiede man sich vielleicht anders...), und sie dürften selten endgültig sein.